Der Verkehr.

Verkehr in der Elblandschaft.

Auf dem Elbstrom herrscht ein ungemein reger Verkehr. Schmucke Personendampfer fahren stromauf und stromab. Große gedeckte Elbkähne, Zillen genannt, bringen aus Böhmen, dem südlichen Nachbarland, Braunkohlen, Getreide, Zucker, Obst. Offene Kähne sind mit Sandsteinen aus dem Elbsandsteingebirge beladen. Mächtige Holzstämme, zu Flößen zusammengebunden, treiben daher. Stromaufwärts kommende Kähne haben Baumwolle, Häute, Getreide, Reis, Eisen, Petroleum geladen. Sie werden von mächtigen Schleppdampfern gezogen. Die eigenartigsten Schleppschiffe sind die Kettendampfer, die sich an einer ungeheuren Kette, die auf dem Grunde der Elbe liegt, stromauf ziehen und eine ganze Anzahl schwerer Kähne gegen den Strom schleppen können. Die Kette schlingt sich auf dem Schiff um eine Welle, die von der Dampfmaschine gedreht wird. Damit der Schiffsverkehr auch bei niedrigem Wasserstande stattfinden kann, wird die Elbe durch Ausbaggern des Sandes fortwährend vertieft und durch große Dämme eingeengt.

Verkehr im westlichen Sachsen.

Im Erzgebirge müssen natürlich diese Erzeugnisse vertrieben werden, und so ist ein lebhafter Handel entstanden. Der Handelsmittelpunkt ist Annaberg (17000 Einw.). Dem Handel dienen die Straßen und Eisenbahnen des Gebirges. Die Straßen ziehen sich auf den Gebirgsrücken zwischen den Flußtälern hinauf, da sie in den schmalen Tälern nicht Platz fanden und auch zu viel Biegungen machen mußten. In vielen Windungen steigen sie dann den steilen Abhang nach Böhmen hinab. 16 Straßen überschreiten heute das Gebirge, die höchste zwischen Fichtel- und Keilberg in einer Höhe von über 1000 m.

Die Eisenbahnen hat man in den Flußtälern angelegt. Hier finden sie den allmählichen Weg zur Höhe. Die Biegungen des Flusses vermeiden sie durch Tunnel und Brücken. 4 Eisenbahnlinien überschreiten das Gebirge, davon die Bahn Johanngeorgenstadt-Karlsbad in mehr als 900 m Höhe, 7 gehen auf sächsischer Seite bis an den Kamm heran, und eine Reihe anderer verbindet die erzgebirgischen Orte untereinander. Sie alle stehen in Verbindung mit der großen Querlinie Dresden-Chemnitz-Zwickau. Eine eigenartige Erscheinung sind die erzgebirgischen Hausierer und Hausiererinnen, die die Waren in einem Tragkasten oder Tragkorb in die Städte und Dörfer des niederen Landes tragen und dort, von Haus zu Haus gehend, verkaufen, die aber auch mit allerlei andern Dingen handeln, z. B. mit russischen Gänsen, die sie von Ort zu Ort treiben.

Ein Blick auf die Eisenbahnkarte im Vogtland zeigt, daß die Haupteisenbahnlinien, die aus Süden nach Sachsen kommen, entweder die Elbe entlang oder durch das Vogtland gehen, da sie das hohe Erzgebirge schwer überschreiten können. Schon im Mittelalter führten auch die großen Handelsstraßen durch das Vogtland, so die Straße von Nürnberg nach Leipzig und die von Bayern über Chemnitz nach Dresden, die sich in Plauen mit der aus Böhmen kommenden vereinigte. Heute schlagen die Eisenbahnen ungefähr dieselben Wege ein. So kann man das Vogtland als Durchgangsland bezeichnen. In der Leichtigkeit des Verkehrs ist der Grund dafür zu suchen, daß das Vogtland ein so bedeutendes Industriegebiet geworden ist. Die Eisenbahnen bringen Wolle, Baumwolle, Holz, Eisen usw., kurz alle Stoffe, die hier verarbeitet werden, und dazu die notwendigen Kohlen, und nehmen die Unmengen der erzeugten Waren mit fort. Freilich kamen auf den bequemen Wegen nicht selten auch Feinde ins Land, so im Hussiten- und im Dreißigjährigen Kriege, wo das Vogtland viel zu leiden hatte.

Im Zwickauer Steinkohlebecken sind Unmengen an Kohle für die Betreibung der Maschinen nötig, die einen Ausbau der Eisenbahnverkehrs mit sich bringt. Den riesigen Verkehr bewältigen 8 Eisenbahnlinien, die aus allen Richtungen hier zusammenlaufen und Chemnitz zu einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt machen.

Im mittelsächsischen Berg- und Hügelland erschweren die tiefen Flußtäler den Verkehr von Osten nach Westen. Darum führt auch in dieser Richtung keine wichtige Straße oder Eisenbahn durch das Gebiet, wohl aber ist dies der Fall von Süden nach Norden. So durchschneiden es die beiden Eisenbahnlinien Chemnitz-Leipzig und Chemnitz-Riesa. Freilich mußten für sie dort, wo sie die Flüsse überschreiten, hohe und lange Brücken (z. B. die Göhrener Muldenbrücke) und kostspielige Tunnel gebaut werden. Auch in den beiden Muldentälern führen Bahnen entlang.

Im nordwestlichen Tiefland haben die Städte Wurzen, Oschatz, Riesa ihre Bedeutung ihrer guten Verkehrslage zu verdanken. Sie liegen an der wichtigen Eisenbahnlinie, die Leipzig mit Dresden verbindet. Auch schon vor der Zeit der Eisenbahnen führte ein großer Verkehrsweg durch diese Gegenden, die sogenannte Hohe Straße (weiter nördlich schlug die Niedere Straße dieselbe Richtung ein), auf der das Hallesche Salz über Leipzig nach Polen gebracht wurde, die aber natürlich auch zum Transport von allerlei Meßgütern diente. An dieser Straße sind an allen Flußübergängen Städte entstanden, die für den Frachtwagenverkehr stets eine Tagereise voneinander lagen. Es sind folgende: Leipzig, Wurzen, Oschatz (Riesa wurde umgangen, da die große Elbfurt südlich davon lag), Großenhain, Königsbrück, Kamenz, Bautzen, Löbau. Dann führte die Straße über Görlitz und Breslau weiter nach Polen. (Ein noch älterer Weg überschritt die Elbe bei Strehla. Riesa hat seine Bedeutung erst durch die Leipzig-Dresdner Eisenbahn erhalten. S. VI.)


Quellenangaben und Verweise.
Aus: Landeskunde des Königreichs Sachsen von Dr. j. Zemmrich, Leipzig 1905, C. J. Göschen’sche Verlagshandlung.
Quelle: https://staatsbibliothek.ewigerbund.org/viewer/image/zemmrich_landeskunde_sachsen_1905/5/