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Königlich Sächsisches Hausgesetz.

im letzten gültigen Rechtsstand vom 27. Oktober 1918, 24 Uhr, und weiteren Hinweisen.

Verordnung, die Erlassung des Königlichen Hausgesetzes betreffend;

vom 9ten Februar 1838.

Wir, Friedrich August, von Gottes Gnaden König von Sachsen etc. etc. etc. haben über die in Unserm Königlichen Hause künftig stattfindenden Familienrechte und Bezüge durch das anliegende Königliche Hausgesetz, so weit nötig unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, Anordnung getroffen.

Wir bringen dasselbe, und obschon durch das immittelst erfolgte höchstbetrübende Ableben Unseres höchstgeehrtesten Herrn Vaters, Weiland des Prinzen Maximilian, Herzogs zu Sachsen, Königlicher Hoheit, einige Bestimmungen sothanen Gesetzes bereits sich erledigt haben, dennoch unverändert und nachdem von Unserem vielgeliebten Herrn Bruder, des Prinzen Johann, Herzogs zu Sachsen, Königlicher Hoheit, die agnatische Zustimmung zu dessen Inhalt urkundlich erklärt worden ist, andurch zur Publikation.

So geschehen und gegeben, unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und Vordruckung
Unseres Königlichen Siegels, zu Dresden, am 9ten Februar 1838.

Friedrich August.

(L.S.)

Bernhard von Lindenau.
Johann Adolph von Zezschwitz.
Hans Georg von Carlowitz.
Julius Traugott Jakob von Koenneritz.
Heinrich Anton von Zeschau.
Eduard Gottlob Nostitz und Jänckendorf.


Königliches Hausgesetz.

– vom 30. Dezember 1837 –

WIR Friedrich August, von GOTTES Gnaden König von Sachsen etc. etc. etc. haben über die künftig geltenden Familienrechte in Unserm Königlichen Hause, so weit nötig unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, durch gegenwärtiges Hausgesetz eine feste Bestimmung zu treffen Uns bewogen gefunden und verordnen daher wie folgt:

Erster Abschnitt.
Bildung des Königlichen Hauses, Titel und Rang der Mitglieder desselben.

§ 1

Das Königliche Haus Sachsen Albertinischer Linie besteht:

  • a) aus dem Könige, als Familienhaupt;
  • b) aus der Gemahlin des Königs;
  • c) aus den Königlichen Witwen;
  • d) aus den Prinzen und Prinzessinnen, welche von dem gemeinschaftlichen Stammvater derselben durch von dem Könige anerkannte ebenbürtige rechtmäßige Ehe in männlicher Linie abstammen, insofern die Prinzessinnen nicht in andere Häuser sich vermählt haben;
  • e) aus den unter obigen Bedingungen angetrauten Gemahlinnen der vorgedachten Prinzen und den Witwen derselben, so lange Letztere im Witwenstande verbleiben.

§ 2

(1) Der älteste Sohn des Königs und, wenn derselbe vor dem Könige, mit Hinterlassung
von Söhnen verstorben wäre, dessen ältester Sohn, heißt Kronprinz, und führt das Prädikat:
„Königliche Hoheit“.

(2) Alle übrig unter § 1, d und e, begriffene Prinzen und Prinzessinnen führen ebenfalls dieses Prädikat, insofern nicht den Gemahlinnen der Prinzen, vermöge ihrer Geburt, ein höheres Prädikat zukommt.

§ 3

Der Rang der Prinzen und Prinzessinnen wird durch das nähere Recht der Thronfolge, und was die unvermählten Prinzessinnen betrifft, durch die analoge Anwendung dieser Regel, bestimmt. Für einzelne Fälle bleibt jedoch besondere Bestimmung zu treffen, dem Könige vorbehalten.


Zweiter Abschnitt.
Aufsicht des Königs über die Mitglieder des Königlichen Hauses.

§ 4

Alle Glieder des Königlichen Hauses sind der Hoheit und in den unten bezeichneten Fällen der Gerichtsbarkeit des Königs untergeben. Derselbe übt als Familienhaupt eine besondere Aufsicht mit bestimmten Rechten über sie aus, und es steht ihm als solchem überhaupt zu, alle zu Erhaltung der Ruhe, Ehre, Ordnung und Wohlfahrt des Königlichen Hauses dienliche Maßregeln zu ergreifen, soweit das Hausgesetz und die Verfassung nicht entgegen stehen.

§ 5

In Besonderheit äußert sich dieses Hoheits- und Aufsichtsrecht des Königs hinsichtlich der Erziehung aller Prinzen und Prinzessinnen Seines Hauses und der Vormundschaften über dieselben, so wie in Ansehung der erforderlichen Einwilligung zu deren Vermählung.


§ 6


Auch dürfen die Glieder des Königlichen Hauses ohne Genehmigung des Königs sich nicht in einen fremden Staat begeben.


§ 7


Die Wahl des höheren Hofstaatspersonals der sämtlichen Glieder des Königlichen Hauses ist dem Könige anzuzeigen und seiner Genehmigung unterworfen, soweit sie nicht ohnehin vom Könige selbst abhängt.


Dritter Abschnitt.
Heiraten der Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses.

§ 8

Von den Gliedern des Königlichen Hauses darf Niemand ohne vorhergehende Erlaubnis
des Königs eine eheliche Verbindung eingeben.

§ 9

(1) Ohne die förmliche, durch besondere Urkunde in Gewissheit zu setzende Einwilligung
des Königs ist die Ehe eines Prinzen vom Königlichen Hause ungültig und deren Nachkom-
menschaft nicht sukzessionsfähig1.

(2) Vermählt sich eine Prinzessin des Königlichen Hauses ohne Einwilligung des Königs, so ist die Ehe aus diesem Grunde allein zwar nicht ungültig, die Prinzessin hat aber keinen Anspruch auf Aussteuer.


§ 10

Schließt ein Prinz des Königlichen Hauses eine nicht ebenbürtige Ehe, so hat eine solche, wenn auch der König einwilligt, keine rechtliche Wirkung, auf Stand, Titel und Wappen, Erbfolge in der Regierung, das Hausfideikommiß und die Sekundogenitur, auf Apanage, Aussteuer und Witthum.

§ 11

Die, das Privatvermögen betreffenden, privatrechtlichen Ansprüche der aus einer solchen Ehe, oder aus der unebenbürtigen Ehe einer Prinzessin des Königlichen Hauses erzeugten Kinder und des überlebenden Ehegatten, beschränken sich auf das Vermögen des Vaters oder der Mutter und beziehendlich Ehegemahls, auch auf das etwa noch von Aszendenten der solchergestalt vermählt gewesenen Prinzen und Prinzessinnen anfallende Vermögen, vorausgesetzt, dass hinsichtlich der Prinzessin die elterliche Einwilligung in die Heirat stattgefunden habe.

§ 12


Die von den Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses geschlossenen Eheverträge sind, insoweit sie nicht das Privatvermögen betreffen, nichtig, wenn sie die Königliche Bestätigung nicht erhalten haben.

§ 13

Keinem Mitglied des Königlichen Hauses ist eine Adoption gestattet.


Vierter Abschnitt.
Thron- und Erbfolge.

§ 14

Die Nachfolge in die Krone und in das Königliche Hausfideikommiß ist durch § 6, 7 und 20 der Verfassungsurkunde bestimmt.

§ 15

Den Ehevertragen der Prinzessinnen des Königlichen Hauses ist der Verzicht auf die
Thron- und Erbfolge, mit Ausnahme des § 7 des Verfassungsurkunde gedachten Falles, jedes mal einzurücken; es sind aber dieselben zu Gunsten des Mannesstammes hausgesetzlich für verzichtet zu achten, wenn auch ein solcher Verzicht nicht geleistet worden wäre.


Fünfter Abschnitt.
Apanagen2, Aussteuer und Witthum3.

§ 16

Die Apanagen bestehen in jährlichen, auf die Staatskasse gewiesenen Geldrenten, und sind, so wie die übrigen im Hausgesetz bestimmten jährlichen Gebührnisse, in monat- lichen Raten im Voraus zahlbar.

§ 17

(1) Alle Apanagen und Witthümer können nur mit Bewilligung des Königs außerhalb des
Königreichs verzehrt werden. Ist die Königliche Bewilligung zum Aufenthalte im Ausland erteilt, so kann dieser kein Grund eines zu machenden Abzugs werden, ausgenommen wenn, was die Witthume anlangt, für diesen Fall in den Ehepakten ein dergleichen Abzug bestimmt ist.

(2) Würde ein Mitglied des Königlichen Hauses ohne Vorwissen und Genehmigung des
Königs seinen Aufenthalt im Ausland nehmen, so werden die ihm ausgesetzten Einkünfte der erwähnten Art zurückgehalten. Ob und in wie weit eine Nachzahlung derselben stattfinden könne, hängt von der Entschließung des Königs ab.

§ 18

Die Apanagen und Witthume der Prinzen und Prinzessinnen und Königlichen Witwen
können von deren Gläubigern nur bis zu einem Drittheil in Anspruch genommen und mit
Beschlag belegt werden.

§ 19

Zum Unterhalt des Kronprinzen und seines Hauses wird, wenn er sich ebenbürtig
vermählt, eine jährliche Apanage von 60,000 Talern, außerdem aber vom erfüllten 21sten Jahre an eine dergleichen von 30,000 Talern festgestellt.

§ 20

Die Apanage für die nachgeborenen Söhne des Königs wird, wenn sie sich unvermählt eta-
blieren, auf 20,000 Taler und wenn sie etabliert und ebenbürtig verheiratet sind, für den ältesten derselben auf 50,000 Taler für jeden der folgenden aber auf 40,000 Taler bestimmt. Diese Apanagen werden nach vorgedachtem Maßstab angewiesen, sobald für den Prinzen ein eigenes Haus gebildet wird.

§ 21

Die Söhne des Königs sind berechtigt, vom erfüllten 21sten Jahre an, sich besonders zu
etablieren und dazu die ihnen gebührende Apanage in Anspruch zu nehmen.

§ 22

(1) Zum Etablissement des Kronprinzen, nämlich zur Einrichtung der Wohnung und des
Hofhaltes, Anschaffung der Equipagen4 etc. werden, wenn sich derselbe unvermählt etabliert, 25,000 Taler und wenn er sich später ebenbürtig vermählt, anderweite 25,000 Taler zum Etablissement der nachgeborenen Söhne des Königs aber in ersterem Falle 10,000 Taler und bei später erfolgender ebenbürtiger Vermählung anderweit 15,000 Taler als ein Aversionalquantum5 aus der Staatskasse gezahlt.

(2) Erfolgt die Etablierung bei der Vermählung, so sind die vorbemerkten Quanta zusam-
men, nämlich für den Kronprinzen 50,000 Taler und für jeden der nachgeborenen Söhne
25,000 Taler zu zahlen.

§ 23

Stirbt der Kronprinz vor seinem Vater, dem König, mit Hinterlassung von Kindern, so
wird dessen Apanage unter die nachgelassenen Söhne und Töchter in der Art verteilt, dass die Ersteren das Doppelte der Letzteren erhalten, und zwar so, dass die etwa später zur Erledigung kommenden Teile den übrigen Geschwistern nach demselben Verhältnisse zuwachsen.

  • Dem ältesten Sohne wird so viel zugelegt, als zu Erfüllung des ihm als Kronprinz Gebührenden erforderlich ist.
  • Ein nachgeborener Sohn oder eine Tochter des Kronprinzen kann in keinem Falle mehr erhalten, als ein nachgeborener Sohn oder eine Tochter des Königs. Nach dem Tode des Großvaters treten die nachgeborenen Söhne und die Töchter des verstorbenen Kronprinzen in den Genuss der für die nachgeborenen Söhne und die Töchter des Königs bestimmten Gebührnisse.

§ 24

(1) Von der einem nachgeborenen Prinzen ausgesetzten Apanage hat derselbe nicht nur
den Unterhalt seines Hauses und die gesamten Ausgaben für seine Hofhaltung, sondern auch die Etablierung und Versorgung seiner Söhne, die Ausstattung seiner Töchter und die Witthume in seiner Linie zu bestreiten.

(2) Zur Etablierung der Söhne wird jedoch, so wie für jeden ein eigenes Etablissement be-gründenden Prinzen des Königlichen Hauses ans der Seitenlinie, ein den sechsten Teil der väterlichen Apanage befragender Aversionalbeitrag aus der Staatskasse gezahlt.

§ 25

(1) Die den nachgeborenen Söhnen des Königs ausgesetzten Apanagen gehen nach deren
Ableben mit den darauf ruhenden Lasten des Witthums und des Unterhalts der Prinzessinnen auf ihre männliche Deszendenz über.

(2) Den apanagierten Prinzen bleibt überlassen, über die Verteilung ihrer Apanage unter
diese Deszendenz mit Genehmigung des Königs Verfügung zu treffen.

§ 26

Es steht aber dem Könige frei, wenn er es zu Erhaltung der Sukzession nötig findet, einen
Prinzen aus der nachgeborenen Linie mit einer Apanage von 40,000 Talern jährlich zu etablieren.

§ 27

(1) Wenn die Familie einer nachgeborenen Linie so zahlreich wäre, dass die angewiesene
Apanage zu deren standesmäßigem Unterhalte nicht mehr hinreichte, so, dass für das Haus eines Prinzen aus der Nebenlinie nicht wenigstens der dritte Teil der Apanage eines nachgeborenen unvermählten Sohnes des Königs zu ermitteln wäre, so ist für solche Fälle das Apanagequantum aus der Staatskasse um das Fehlende zu erhöhen.

(2) Hätte der Mangel für einzelne Zweige der Linie seinen Grund in einer von dem Aszen-
denten getroffenen ungleichen Verteilung (§ 25); so kann die vorgedachte Erhöhung nur insoweit in Anspruch genommen werden, als es bei steter Vererbung zu gleichen Teilen würde der Fall gewesen sein.

§ 28

(1) Auch soll, wenn ein Prinz aus einer Nebenlinie mehr als drei Kinder am Leben hat, von
denen das älteste wenigstens 12 Jahre alt ist, demselben ein jährlicher Zuschuss von 10,000 Talern zu seiner Apanage aus der Staatskasse gereicht werden.

(2) Dieser Zuschuss fällt mit dem Ableben des gedachten Prinzen hinweg; seine Söhne ha-
ben sich vielmehr sodann, wenn er keine Verfügung getroffen hat, in die ihnen vom Vater zugekommene Apanage zu teilen.

§ 29

Bei dem Abgang einzelner Zweige von der Linie eines nachgeborenen Prinzen wächst der
dadurch eröffnete Anteil der Apanage mit den damit verbundenen Lasten des Witthums, sowie des Unterhalts der Prinzessinnen, den übrigen Zweigen jener Linie zu. Wenn der- jenige, durch dessen Tod der fragliche Apanageanteil erledigtet wird, über den Unterhalt der Prinzessinnen nicht bereits Vorsehung getroffen hat, so kommt die desfallsige Bestim-mung dem Könige zu.

§ 30

Wenn nicht der vorstehend erwähnte Fall des Zuwachses an andere Zweige derselben Ne-
benlinie eintritt, gelangt nach dem Abgang der männlichen Nachkommenschaft eines nachgeborenen Prinzen die ihm und seiner direkten Linie angewiesene Apanage in Wegfall; es sind jedoch statt deren die darauf ruhenden Lasten des Witthums, so wie des Unterhalts der Prinzessinnen auf die Staatskasse zu übernehmen.

§ 31

Ein apanagierter Prinz ist verbunden, die in seinem Hause getroffenen Einrichtungen dem
Könige zur Bestätigung anzuzeigen.

§ 32

Für jede Prinzessin Tochter des Königs wird vom 21sten Jahre an bei Lebzeiten des Vaters
die Summe von 6,000 Talern jährlich gewährt.

§ 33

Nach dem Tode des Königs, aber bei Lebzeiten der verwitweten Königin und so lange die-
se ihren Witwenstand nicht ändert, verbleiben die unvermählten Prinzessinnen, in sofern sie ihre leiblichen Töchter sind, in deren Hause und unter ihrer unmittelbaren Aufsicht. Sie empfangen dann zu ihrem Unterhalt ebenfalls die Jahressumme von 6,000 Talern.

§ 34

Ist aber der § 33 gedachte Fall nicht vorhanden, oder tritt eine Prinzessin mit Genehmi-
gung des Königs aus dem mütterlichen Hause, um ein eigenes Haus zu bilden, was ihr ohne besondere Gründe, nach zurückgelegtem 25sten Jahre nicht verweigert werden kann; so erhält die nachgelassene Prinzessin Tochter eines Königs bis zu ihrer Vermählung zum standesmäßigen Unterhalt und zu Bestreitung ihrer gesamten Hofstaatsausgaben eine jährliche Apanage von 12,000 Talern. Auch ist zu Einrichtung ihres Hauses ein Aversionalquantum von 6,000 Talern aus der Staatskasse zu zahlen.

§ 35

Zur Aussteuer und völligen Abfindung bei der Vermählung wird für jede Prinzessin aus
der Königlichen Hauptlinie (Tochter des Königs oder des Kronprinzen) eine Summe von
50,000 Talern, und für jede Prinzessin aus der Nebenlinie eine Summe von 20,000 Talern aus der Staatskasse gezahlt.

§ 36

(1) Die Königin Witwe erhält zu Bestreitung der gesamten Kosten ihres Hofhalts ein jähr-
liches Witthum von 40,000 Talern.

(2) Hiernächst wird derselben, wenn sie einen besonderen Haushalt begründet, zur stan-
desmäßigen Möblierung der ihr in einem Königlichen Schloss zu gewährenden Wohnung, so wie zur ersten Einrichtung mit Silber, Porzellan, Tafel und Weißzeug, Küchen und Haus- geschirre, auch Anschaffung der Equipagen, ein Aversionalquantum von 30,000 Talern aus der Staatskasse gezahlt.

§ 37

Der Witwe des Kronprinzen wird ein jährliches Witthum von 25,000 Talern bei der
Staatskasse angewiesen.

§ 38

Die nachgeborenen Prinzen bestimmen das Witthum ihrer Gemahlinnen unter Bestäti-
gung des Königs.

§ 39

(1) Den Gliedern des Königlichen Hauses gebührt, außer ihrer baren Apanage, freie Woh-
nung in den Königlichen Schlössern, so weit es der Raum gestattet, nach desfallsiger Bestimmung des Königs.

(2) Diese Wohnungen sind auf Kosten der Zivilliste in baulichem Stande zu erhalten. Rücksichtlich der inneren Einrichtung aber und deren Unterhaltung, so wie der Feuerung u.s.w. ist an die Zivilliste irgend ein Anspruch nicht zu machen.

§ 40

(1) In den Fällen, wo eine Apanage oder ein Witthum an die Staatskasse zurückfällt, – was
jedoch, in Hinsicht auf die nicht augenblicklich tunliche Auflösung des Hausstandes, erst 3
Monate nach eingetretenem Erledigungsfalle statt findet – ist den Mitgliedern des hinterlassenen oder erledigten Hofstaates ein in analoger Anwendung der Vorschriften des Staatsdienergesetzes zu bemessender Teil ihres baren Gehaltes, bis zu anderweiter Versorgung in irgend einer Anstellung, die ein dem früheren Gehalt entsprechendes Ein- kommen gewährt, oder was das unverehelichte weibliche Personal betrifft, bis zur Verheiratung, als Pension zu gewähren.
Der Gesamtbetrag dieser Pensionen darf jedoch den 4ten Teil der erledigten Apanage nicht übersteigen, und es sind nötigenfalls die ausfallenden Pensionen bis zu diesem Betrage anteilig zu kürzen.

(2) Dabei kommt Dasjenige in Zurechnung, was aus dem Privatvermögen des Inhabers der
erledigten Apanage als Ruhegehalt etwa ausgesetzt worden ist.

§ 41

Um der Staatskasse durch die vorstehenden Anordnungen keine unbestimmte und über-
große Last aufzuerlegen, soll das Maximum der im gegenwärtigen Abschnitte – außer dem Witthum der Königin – gedachten jährlichen Bezüge auf die Jahressumme von 120,000 Talern in der Art festgesetzt werden, dass beim Eintritt eines Mehrbedürfnisses entweder die einzelnen Beträge vom Könige verhältnismäßig zu reduzieren, oder besondere Postulate wegen eines größeren Erfordernisses an die Stände zu bringen sind.


1 Sukzession bedeutet Erbfolge

2 Die Apanage (französisch aus mittellateinisch appanare = mit Brot versorgen) ist die Abfindung der nichtregierenden Mitglieder eines Adelsgeschlechts mit Landbesitz, Einkünften aus Liegenschaften oder Geldzahlungen zur Ermöglichung eines standesgemäßen Lebenswandels.

3 Wittum (lateinisch Vidualitium), Widum, Widdum oder Witthum ist ein Begriff aus der mittelalterlichen Rechtssprache. Das
Wort „widum“ und „wittum“ leitet sich von derselben Wurzel her wie „widmen“; Widum und Wittum bezeichnet also ein „ge –
widmetes Gut“, in Tirol und Südtirol heute noch gebraucht als Bezeichnung für einen Pfarrhof. Im deutschen, mittelalterlichen
Recht wurde damit auch die Witwenversorgung aus dem Nachlass genannt, da auch diese „gewidmete Güter“ waren; die Verknüpfung des Wortes Widum mit Witwe ist eine Volksetymologie.

4 Der Ausdruck Equipage bezeichnet die Ausstattung und Aufmachung eines Gespannes (Kutsche) als Ganzes.

5 Aversionalquantum steht für Abfindungssumme


Sechster Abschnitt. Sekundogenitur6.

§ 42

Nachdem durch den Vertrag vom 6ten Oktober 1776 Weiland die Kurfürstin Maria Antonia dem Höchstseeligen Könige Friedrich August ihre Sukzessionsansprüche an den Bayerischen Allodialnachlass abgetreten, sich aber dafür die Errichtung einer Sekundogenitur stipuliert hat und diese, nach Erlangung eines Teils der gedachten Allodialerbschaft, durch das Abkommen im Jahre 1781 näher bestimmt worden ist, besteht eine durch ausdrückliche Verträge gegründete, auf der Staatskasse ruhende, Sekundogenitur für die nachgeborene Deszendenz der Stifterin.

§ 43

Sie begreift eine aus der Staatskasse zu zahlende Jahresrente von 85,000 Talern.

§ 44

Da mit dem Ableben Weiland des Königs Anton der Prinz Maximilian, Inhalts der gesetzlichen Sukzessionsordnung, zur Thronfolge berechtigt gewesen, so tritt der Prinz Johann, als dessen zweitgeborener Sohn, gegen Wegfall seiner seitherigen Apanage, in den freien Genuss der Sekundogenitur ein.

§ 45

Der Prinz Maximilian und die Prinzessin Maria Amalia beziehen die ihnen aus der Staatskasse ausgesetzten Apanagen und beziehungsweise Handgelder, unbeschadet der Sekundogenitur.

§ 46

Nach dem Ableben des Prinzen Maximilian erhält dessen Witwe das ihr im Heiratsvertrag ausgesetzte Witthum und die Prinzessin Maria Amalia ein Jahrgeld von 12,000 Talern, ebenfalls ohne Zutun der Sekundogenitur, aus der Staatskasse.

§ 47

Die Nachkommen des Prinzen Johann sukzedieren in diese Sekundogenitur nach dem Rechte der Erstgeburt in agnatischer Linealerbfolge.

§ 48

(1) Der hiernach die Sekundogenitur jedesmal Inhabende hat davon, so lange nicht einer der § 50 und 51 erwähnten Fälle eintritt, sowohl sein Haus, als die gesamte von dem Prinzen Johann abstammende, dem Königlichen Hause angehörige Deszendenz mit dem nötigen Unterhalt und Witthumen zu versehen.

(2) Die desfallsigen Dispositionen sind dem Könige zur Genehmigung anzuzeigen.

§ 49

Die § 24 bestimmten Aversionalquanta zu Bestreitung der Einrichtungskosten bei erfolgender Etablierung der Prinzen, ingleichen die § 35 für die Prinzessinnen der Nebenlinie ausgesetzten Aussteuern leiden jedoch auch auf die zur Sekundogenitur gehörenden Prinzen und Prinzessinnen Anwendung und sind, eintretenden Falls, neben der Jahresrente von 85,000 Talern aus der Staatskasse zu zahlen. Jedoch kann in dem § 24 gedachten Falle der Etablierungsbeitrag die Summe von 8,000 Talern nicht übersteigen.

§ 50

Wenn der Sekundogeniturinhaber zur Thronfolge gelangt, so geht der Besitz der Sekundogenitur auf den, mit Ausschluss der eignen Deszendenz des nunmehrigen Regenten, nach der §47 bemerkten Erbfolge, zunächst dazu Berechtigten über.

§ 51

Ist in einem solchen Falle nur der Sekundogeniturbesitzer und seine Nachkommenschaft übrig oder ist bei dem Ableben eines Sekundogeniturbesitzers keine Nebenlinie, sondern nur der König und seine Nachkommenschaft vorhanden, so geht die Sekundogenitur mit den darauf etwa ruhenden Oblasten, gegen Wegfall weiterer Apanage, sofort auf den ältes ten der nachgeborenen Söhne des Königs und dessen Deszendenz über, während die übrige Deszendenz des Königs in den Genuss der im fünften Abschnitt für die Söhne, Töchter und resp. Enkel des Königs geordneten Apanagen und Jahrgelder eintritt oder bezüglich darin verbleibt. Wenn in solchen Fällen nachgeborene Söhne in der regierenden Linie nicht vorhanden sind, so reviviscirt7 die Sekundogenitur erst dann, sobald wieder eine nachgeborene Deszendenz im Königlichen Hause Sachsen entsteht.



§ 52


Hat der Sekundogeniturbesitzer für die § 48 gedachte Versorgung nicht schon bei Lebzei-
ten hinreichende Vorsehung getroffen, so kommt die desfallsige Bestimmung dem Könige zu.


§ 53


Wird die zur Teilnahme an der Sekundogenitur berechtigte Deszendenz so zahlreich, dass
der Ertrag zum standesmäßigen Unterhalt derselben nicht mehr hinreicht, so leidet die Bestimmung des § 27 Anwendung jedoch wird die Bestimmung § 41 auch auf diesen Fall erstreckt.



§ 54


Ist ein zur Nachfolge berechtigter männlicher Nachkomme nicht mehr vorhanden, so fällt
die Sekundogenitur mit der § 30 gedachten Oblast auf so lange der Staatskasse zurück, bis jene nach § 51 reviviscirt.


6 Die Sekundogenitur (lat. secundus „folgend, zweiter“ und genitus „geboren“) ist die vom Zweitgeborenen oder einem weiteren Nachgeborenen eines adeligen Hauses begründete Nebenlinie. Es ist eine besondere Form der Erbteilung, die dem Nachgeborenen mehr Besitz und Prestige zukommen lässt als bei der normalen Abfindung. Die Gründung einer Nebenlinie ist möglich, falls nicht Primogenitur geübt wird.

7 reviviscirt kommt von Revivisikation, was aus dem lat. kommt und Wiederbelebung bedeutet.