Der Bergbau.

Silberbergbau.

Das Erzgebirge hat seinen Namen von dem Reichtum an Metallen. Zuerst fand man die Silbererze. Das war im 12. Jahrhundert. Damals baute Markgraf Otto von Meißen, später der Reiche genannt, das Kloster Altzella bei Nossen; beim Ausroden des Klosterwaldes stieß man auf Silbererze. Auf die Nachricht von diesen Funden kamen Bergleute aus dem Harze herbei, die sich hier ansiedelten. Es entstand die Stadt Freiberg, noch jetzt die größte des Gebirges (36000 Einw.). In dem Dom, dessen Haupteingang die Goldne Pforte heißt, haben die sächsischen Herrscher eine Zeitlang ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Die zahlreichen Bergwerke, die in der Nähe der Stadt entstanden, machten sie recht geeignet zum Sitz einer Bergschule oder Bergakademie. Jetzt hat man freilich den Silberabbau ganz eingestellt, da er infolge des Sinkens des Silberpreises nicht mehr lohnt. In den tiefen Schächten — der tiefste reichte bis 686 m hinab — sammelte sich viel Wasser. Um dieses nicht immer nach oben pumpen zu müssen, baute man einen 14 km langen, unterirdischen Ableitungskanal zur Triebisch, den Rotschönberger Stollen. Zu den Erzbergwerken gehören die Hüttenwerke, in denen aus den Erzen die reinen Metalle gewonnen werden. Das geschieht durch Pochen, Waschen und vor allem durch Schmelzen.

Das bedeutendste sächsische Hüttenwerk ist Muldenhütten bei Freiberg, im Tale der Freiberger Mulde gelegen. Die beim Schmelzen der Erze entweichenden giftigen Dämpfe werden durch hohe Essen abgeleitet, richten aber trotzdem auf den Feldern der Umgegend noch Schaden an. Darum hat man bei dem Hüttenwerk Halsbrücke eine noch viel höhere Esse, die Halsbrücker Esse, errichtet, die mit ihrer Höhe von 140 m die höchste Esse Europas ist. In Muldenhütten ist die Münzstätte des sächsischen Staates, in der die sächsischen Münzen, erkennbar an dem Buchstaben E und am Bilde des sächsischen Königs, geprägt werden. Nach dem Aufhören des einheimischen Silberbergbaues verarbeitet man nur ausländisches Erz. Auch die Städte Schneeberg, Annaberg, Marienberg, sowie das böhmische Joachimsthal (von dem der Name „Taler“ kommt) verdanken ihre Entstehung dem Silberbergbau, der aber auch an diesen Orten längst eingegangen ist. (Joachimsthal ist jetzt Hauptfundort des Uranpecherzes, aus dem Radium gewonnen wird.)

Im westlichen Erzgebirge, besonders bei Schneeberg, findet man noch Erze, die man früher achtlos beiseite warf, Kobalt und Nickel. Ihre Namen sind eigentlich Spottnamen (Kobold), die der Bergmann diesen Erzen gab, weil sie ihm oft Silber vortäuschten. Als man kein Silber mehr fand, holte man sie aus den Halden wieder heraus, grub auch in den Bergwerken weiter nach ihnen; denn man hatte nun auch sie schätzen gelernt. Kobalt gibt eine wundervolle blaue Farbe, die hauptsächlich in Oberschlema, dem größten Blaufarbenwerk der Welt, gewonnen wird.

Der Zinnbergbau.

Bei Altenberg im östlichen Erzgebirge, einem hoch und rauh gelegenen Städtchen am Geisingberge, wird Zinn gewonnen, aber bei weitem nicht mehr soviel wie in früheren Jahrhunderten. Von dem ehemaligen Umfange des Zinnbergbaues zeugt die große Pinge, eine riesige, über 100 m tiefe Einbruchsstelle von mehreren hundert Metern Durchmesser. So sehr war hier der Boden unterwühlt und der Felsen ausgehöhlt, daß schließlich alles in sich zusammenbrach. Die Zinnerze werden nach ihrer Gewinnung zerpocht, geschwemmt, wobei alles taube Gestein fortgespült wird, und geschmolzen. Von den Zinnwäschen bei Altenberg erhält die Müglitz ihre rote Farbe. Zinnstädte sind auch Geyer und Ehrenfriedersdorf. Auch bei Geyer findet sich eine große Pinge.

Der Eisenbergbau.

In dem Dreiecke zwischen der Zwickauer Mulde und dem Schwarzwasser fand man besonders Eisenerze. Aber auch anderwärts, z. B. im Tale der Preßnitz, einem Nebenflusse der Zschopau, war es der Fall. Bei Schwarzenberg, Johanngeorgenstadt, Eibenstock gab es zahlreiche Eisengruben, Schmelzöfen und Hammerwerke. Der Eisenbergbau ließ später nach, da das Ausland die Eisenerze viel billiger lieferte. Doch blüht in der Schwarzenberger Gegend noch jetzt Eisenwarenindustrie; allerdings wird überall ausländisches Eisen verarbeitet. Besonders werden Blechwaren aller Art hergestellt. Hauptort dieser Industrie ist Aue an der Zwickauer Mulde, wo sich auch eine Fachschule für Blecharbeiter befindet.

Der Steinkohlebergbau.

Die beiden Hauptfundorte der Steinkohlen sind die Umgegend von Zwickau und die Dörfer Oelsnitz und Lugau zwischen Zwickau und Chemnitz. Zahlreiche Schachtessen qualmen hier Tag und Nacht. Überall sieht man kahle, schwarze, oft rauchende Halden, auf die totes Gestein, Schlacken und Asche geschüttet werden. Nicht selten kommt man an großen Vertiefungen vorbei, wo das unterhöhlte Erdreich eingesunken ist. Bergleute mit kohlengeschwärzten Gesichtern kommen vom Schacht; andere gehen dahin, um einzufahren. Mit dem Fahrstuhl werden sie in die schwarze Tiefe hinabgebracht. (Der tiefste Schacht bei Zwickau ist über 1000 m tief.) Von dem senkrechten Schacht aus gehen waagerechte Gänge oder Stollen ab, die in die Flöze hineinführen. Hier schlagen die Bergleute beim Schein ihrer Grubenlampe die Kohlen ab und laden sie auf die Hunde, das sind kleine, auf Schienen laufende Wagen, die dann mit dem Fahrstuhl in die Höhe gezogen werden. Oben werden die Kohlen auf die Eisenbahn geladen und versandt. Auf dem Zwickauer Kohlenbahnhofe werden täglich mehr als 100 Eisenbahnzüge mit Kohlen abgefertigt. Jährlich werden im ganzen Gebiet von etwa 25 000 Bergleuten für 40 bis 50 Millionen Mark Kohlen zutage gefördert. Viele Gefahren umlauern den Bergmann. Gestein kann hereinbrechen und ihn verschütten. Es können sich giftige oder brennbare Gase bilden. Dann entsteht wohl ein „schlagendes Wetter““, eine furchtbare Explosion, die Grubeneinsturz oder Grubenbrand zur Folge haben kann. Viele Bergleute sind hierdurch schon getötet worden, manchmal Hunderte auf einmal. Damit die brennbaren Gase nicht durch die Flamme einer Grubenlampe entzündet werden können, führen die Bergleute Sicherheitslampen, die sich im Schachte nicht öffnen lassen. Ein zweites Steinkohlengebiet findet sich im Plauenschen Grunde bei Dresden. Doch hat es lange nicht die Ausdehnung des Zwickauer Gebietes.

Braunkohlebergbau.

Die Braunkohlen sind in ähnlicher Weise entstanden wie die Steinkohlen, nur viel, viel später, aber immer noch lange vor der Eiszeit. Oft kann man noch ganz deutlich die verkohlten Baumstämme erkennen. Die Braunkohlen liegen nicht so tief wie die Steinkohlen, manchmal findet man sie dicht unter der Erdoberfläche. Sie lassen sich darum leicht gewinnen. Doch sind sie auch nicht so fest und schwer wie jene, bröckeln leicht und besitzen viel weniger Heizkraft. Deswegen eignen sie sich nicht zum weiten Versand, sondern sie werden meist in der Umgegend der Kohlenwerke verbraucht, oder man stellt aus ihnen Preßkohlen oder Briketts her.


Quellenangaben und Verweise.
Aus: Landeskunde des Königreichs Sachsen von Dr. j. Zemmrich, Leipzig 1905, C. J. Göschen’sche Verlagshandlung.
Quelle: https://staatsbibliothek.ewigerbund.org/viewer/image/zemmrich_landeskunde_sachsen_1905/5/