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527. Sachsens früheste Bewohner.

Wer sie waren und wie sie sich in unserm jetzigen Vaterlande ausbreiteten.

Unser Vaterland, das Königreich Sachsen, wird von einem deutschen Volksstamme, den Sachsen, und von einem slavischen, den Wenden, bewohnt. In der frühesten Zeit hatten im jetzigen Sachsen, sobald wir von der gegenwärtigen genauen Begrenzung absehen, andere Volksstämme ihren Wohnsitz aufgeschlagen. Es waren dies die Hermunduren und nach ihnen die Thüringer. Jene waren ein deutscher Nomadenstamm und hatten sich in der Mitte Deutschlands und im größten Theile des westlichen Sachsens niedergelassen. Etwas später, als 300 nach Christo, ging zwar der Name, jedenfalls aber nicht das Volk der Hermunduren unter; nach und nach, so meint man wenigstens, habe sich derselbe in Thüringer umgestaltet. Ist dem so, dann sind die Thüringer Nachkommen der alten Hermunduren, welche Annahme viel für sich hat, da ein so großes Volk, wie dieses, wohl nicht so ohne Weiteres aus der Geschichte verschwunden sein dürfte.

Die Thüringer, ebenfalls ein mächtiges Volk, besaßen im mittleren Deutschland ein großes Königreich, das im Jahre 531 (527?) zerstört wurde. Nach dem Untergange desselben finden wir in unserm Vaterlande ein Volk, das nicht den Deutschen oder Germanen, sondern den Slaven angehörte, es waren dies die bereits erwähnten (Sorben-) Wenden. In alter Zeit bewohnte das jetzige südliche Rußland ein aus Asien eingewandertes Volk, Slaven genannt. Ein Stamm derselben, die Wenden, drang weiter nach Westen vor und nahm das jetzige Mähren, Böhmen, Schlesien ec. in Besitz. Von diesem Stamme löste sich vor ungefähr 1300 Jahren wiederum ein Zweig ab, Sorben-Wenden genannt, und ließ sich in den Ländereien an der Elbe nieder. Hier gefiel es diesen Fremdlingen außerordentlich, sie breiteten sich deshalb nach Abend hin immer weiter aus, gelangten bis in die Leipziger und Altenburger Gegend und endlich sogar bis an die Saale. Das neue Vaterland der Eingewanderten erhielt den Namen Sorabia oder Sorbenland.

Gegenwärtig zählt unser Vaterland noch 60 000 Wenden, welche hauptsächlich mit zu den Bewohnern der Städte Kamenz, Bautzen, Löbau und zu den der umliegenden Dörfer gehören. Bis zu dieser Stunde unterscheiden sich die Wenden von den Deutschen durch ihre Sitten und Gebräuche, durch ihre Sprache und besonders Sonn- und Festtags auch durch ihre Kleidung. Den Vorfahren dieses Volksstammes verdanken wir auch große Verdienste um den Anbau des Landes, um Gründung vieler Städte und Dörfer, vieler Gewerbe. Aus diesem Grunde greift der Wenden Vorgeschichte tief in Sachsens Geschichte ein und es sei deshalb aus jener das Wichtigste hervorgehoben.


Quellangaben und Verweise.
Aus: Geschichte des Königreichs Sachsen, Karl Petermann, Leipzig 1881, Verlag von Julius Klinkhardt.
Quelle: https://staatsbibliothek.ewigerbund.org/viewer/image/p_gesch_sachsen/19/