Gesetz,


die Ergänzung und Änderung des Königlichen Hausgesetzes vom 30.Dezember 1837
und des Nachtrags vom 20. August 1879 betreffend;

vom 6. Juli 1900.

(G.u.V.-Bl. 1900, S.448-452)

WIR, Albert, von GOTTES Gnaden König von Sachsen etc. etc. etc. haben, soweit
nötig, unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, die nachstehenden Ergänzun-
gen und Änderungen Unseres Hausgesetzes vom 30. Dezember 1837 (G. u. V.-Bl. 1838 S. 60 flg.) und des Nachtrags vom 20. August 1879 (G.- u. V.-Bl. S. 323 flg.) beschlossen:


§1


Die Volljährigkeitserklärung steht in Ansehung eines Mitglieds des Königlichen Hauses
steht dem Könige zu.



§2


(1) Die Entmündigung eines Mitglieds des Königlichen Hauses sowie die Wiederaufhe-
bung der Entmündigung steht dem Könige zu.


(2) Der König wird zur Vorbereitung der Entschließung eine Erörterung des Falles durch
den Staatsminister der Justiz sowie ein Begutachtung durch das Gesamtministerium anordnen und soweit tunlich, die volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses hören.


(3) Die Entmündigung tritt mit der hierauf gerichteten Anordnung des Königs in Kraft.
Das Gleiche gilt von der Wiederaufhebung der Entmündigung.



§3


Eheverträge, die von dem König oder einem Mitglied des Königlichen Hauses geschlossen
werden, sind nicht an die in den bürgerlichen Gesetzen vorgeschriebene Form gebunden. Zu ihrer Wirksamkeit gegenüber Dritten ist die Eintragung in das Güterrechtsregister nicht erforderlich.


§4


Die elterliche Gewalt der verwitweten Königin über ihre Kinder beschränkt sich in Anse-
hung der Sorge für das Vermögen und der Nutznießung auf das Privatvermögen der Kinder.


§5


Wird die Anordnung einer Vormundschaft über die Königlichen Kinder erforderlich, so
bestimmt, sofern nicht eine väterliche oder mütterliche letztwillige Anordnung vorliegt, der
König oder der Regierungsverweser den Vormund. Der Regierungsverweser hat sich vorher mit dem Regentschaftsrat ins Vernehmen zu setzen.



§6


Werden Königliche Kinder nach § 5 bevormundet oder übt die Mutter die elterliche Ge-
walt über sie aus, so tritt die Aussicht des Königs oder des Regierungsverwesers ein. Der Regierungsverweser hat in wichtigen Fällen das Gutachten des Regentschaftsrats einzuholen.



§7


(1) Steht die elterliche Gewalt über die Kinder eines Prinzen des Königlichen Hauses der
Mutter zu, so tritt die gleiche Beschränkung wie nach § 4 ein.


(2) Hat der Vater die Bestellung eines Beistandes angeordnet, so bedarf der Beistand der
Bestätigung des Königs.


(3) Der König ist nicht behindert, der Mutter einen Beistand auch dann zu bestellen, wenn
die Voraussetzungen der bürgerlichen Gesetze nicht vorliegen.


(4) Die der Mutter bei Ausübung der elterlichen Gewalt obliegende Sorge für die Person
der Kinder untersteht der Aufsicht des Königs.


§8


(1) Ist für die Kinder eines Prinzen des Königlichen Hauses von dem Vater oder der Mut-
ter ein Vormund benannt, so bedarf er der Bestätigung des Königs.


(2) Ist ein Vormund nicht benannt oder wird der benannte nicht bestätigt, so bestimmt
der König den Vormund.


(3) Die dem Vormund obliegende Sorge für die Person der Mündel untersteht der Auf-
sicht des Königs.



§9


Ein Gegenvormund wird nur bestellt, wenn die Bestellung von dem Könige für angemes-
sen erachtet wird. Die Vorschriften des §8 Absatz 1, 2 finden entsprechende Anwendung.


§10


Die Vorschriften der bürgerlichen Gesetze über den Familienrat und den Gemeindewai-
senrat finden keine Anwendung.



§11


(1) Die Anordnung und Aufhebung einer Vormundschaft oder Beistandschaft, die Bestel-
lung und Entlassung der Vormünder, Gegenvormünder und Beistände steht dem Könige zu. Das Gleiche gilt von der Übertragung der Vermögensverwaltung auf den Beistand sowie von der Aufhebung einer solcher Übertragung.


(2) Einer besonderen Verpflichtung der Vormünder, Gegenvormünder und Beistände be-
darf es nicht.


(3) Der König ist nicht behindert, einem Vormund oder Beistande die Befreiungen einzu-
räumen, die nach § 1852 Absatz 2, §§ 1853, 1854 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeord- net werden können.



§12


(1) Die Ausübung und die Dauer der elterlichen Gewalt bestimmen sich nach den bürger-
lichen Gesetzen. Das Gleiche gilt von der Führung der Vormundschaft. Die Vorschriften des §15 der Verfassungsurkunde bleiben unberührt.


(2) Der König ist bei Ausübung der elterlichen Gewalt und bei der Führung einer Vor-
mundschaft nicht an die Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts gebunden.

(3) Soweit die Ausübung der elterlichen Gewalt oder die Führung einer Vormundschaft
der Aufsicht des Königs untersteht, tritt der König an die Stelle des Vormundschaftsgerichts.



§13


Dem Könige bleibt vorbehalten zu bestimmen, an welche Behörde ein Vormund oder Bei-
stand Rechenschaft abzulegen hat und wo die nach den bürgerlichen Gesetzen dem Vormundschaftsgerichte zustehende Genehmigung oder Ermächtigung zu einer Rechtshandlung einzuholen ist.



§14


Die Vorschriften der §§ 5, 6, 8, 10 bis 13 finden auf die Pflegschaft entsprechende Anwen-
dung.


§15


Soweit zu Gunsten der Mitglieder des Königlichen Hauses Familienanwartschaften beste-
hen, bleibt dem Könige vorbehalten, von einzelnen Bestimmungen der Satzung sowie von einzelnen Vorschriften der bürgerlichen Gesetze über Familienanwartschaften Befreiung eintreten zu lassen.



§16


Soweit auf dem Gebiete des Familienrechts, des Erbrechts oder des Anwartschaftsrechts
eine Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren erforderlich wird, bleibt dem Könige vorbehalten, die Stelle zu bestimmen, an der die Hinterlegung zu erfolgen hat.



§17


Besteht eine Regierungsverwesung, so werden die dem Könige nach dem Vorschriften der
§§ 1, 2, 7 bis 9, 11 bis 16 zustehenden Rechte von dem Regierungsverweser ausgeübt. Dies gilt im Falle des § 2 auch gegenüber dem an der Ausübung der Regierung behinderten Könige.



§18


(1) Für die der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehörenden Angelegenheiten des Königs
und der Mitglieder des Königlichen Hauses ist, mit Ausnahme der Grundbuchsachen und soweit sich nicht sonst aus diesem Gesetze etwas anderes ergibt, ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts in erster Instanz zuständig. Die Verhandlung mit dem Beteiligten und die Beurkundung der Verhandlung erfolgt durch den Vorsitzenden des Senats oder durch ein von ihm beauftragtes Mitglied des Senats. Das beauftragte Senatsmitglied soll sich in der Urkunde als solches bezeichnen.


(2) Über Beschwerden gegen Verfügungen des Zivilsenats entscheidet das Justiz-Minis- terium. Eine weitere Beschwerde findet nicht statt.


(3) Dem König und den Mitgliedern des Königlichen Hauses bleibt unbenommen, Beur-
kundungen und Beglaubigungen auch durch ein Amtsgericht oder einen Notar bewirken zu lassen.



§19


Die Vorschriften der §§ 65 bis 74 Unseres Hausgesetzes vom 30. September 1837 werden
aufgehoben.


§20


Der Nachtrag zu Unserem Hausgesetz vom 20. August 1879 wird darin geändert:
1. Die Vorschriften des § 7 gelten auch für solche Eide, die auf dem Gebiete der bür-
gerlichen Gesetze außerhalb einer Rechtsstreitigkeit zu leisten sind;
2. An die Stelle des § 8 treten folgende Vorschriften:
Die Vorschriften des siebenten Buches der Zivilprozeßordnung finden gegen
den König und die Mitglieder des Königlichen Hauses keine Anwendung.
Das Gleiche gilt von den Vorschriften des sechsten Buches der Zivilprozeßord-
nung, soweit sie auf Ehesachen und Entmündigungssachen sich beziehen. Bei
Rechtsstreitigkeiten, die unter die Vorschriften des zweiten Abschnitts des sech-
sten Buches fallen, ist eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft ausgeschlossen;
3. Die Vorschrift des § 12 Absatz 1 wird aufgehoben.



§21


Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft.


Urkundlich haben Wir dieses Gesetz eigenhändig vollzogen und Unser Königliches Siegel
beidrucken lassen.
Gegeben zu Dresden, den 6. Juli 1900.


Albert.

(L.S.)


Heinrich Rudolph Schurig.