1231-1253. Otto der Erlauchte. Bayern und die Pfalz.

Auf Ludwig den Kelheimer folgte in der Regierung Bayerns sein Sohn Otto IV., der sich durch seine kluge und standhafte Gesinnung den Beinamen „der Erlauchte“ erwarb. Was diesen Fürsten in der Geschichte besonders denkwürdig macht, ist die durch ihn geschehene Bereinigung der Pfalz mit Bayern. Die Pfalzgrafschaft am Rheine war das erste und vornehmste Lehen im Reiche. Dazu gehörte nicht bloß der größte Teil der heutigen Pfalz am linken Ufer des Rheins, sondern auch am rechten ein ansehnliches Gebiet mit den Städten Heidelberg und Mannheim. Der jeweilige Pfalzgraf war auch Verweser des Reiches bei Abwesenheit oder Ableben des Kaisers, Bewahrer der Reichskleinodien und Kurfürst. Kurfürsten nannte man diejenigen Reichsfürsten, die seit längerer Zeit das Recht besaßen, den deutschen Kaiser zu küren oder zu wählen. Damals waren es die geistlichen Fürsten und Bischöfe von Köln, Trier und Mainz, die Herzöge von Sachsen und Brandenburg und der Pfalzgraf am Rhein.

Dieses ansehnliche Gut hatte Ludwig der Kelheimer durch die Gunst des Kaisers Friedrich II. im Jahre 1215 als erbliches Lehen erhalten. Allein Ludwig sollte sich das neue Besitztum erst mit Waffengewalt erkämpfen, denn der entsetze Pfalzgraf Heinrich der Schöne, des Löwen Sohn, war nicht geneigt, um so leichten Preis sein Erbe zu lassen. So entstand also ein hartnäckiger Krieg, nach dessen unglücklichem Ausgang sich aber der Herzog mit dem bloßen Titel eines „Pfalzgrafen am Rhein“ begnügen mußte, bis ein friedliches Ereignis den Wittelsbachern den wirklichen Besitz des schönen Landes zuführte. Nach dem Tode Heinrichs vermählte nämlich Ludwig der Kelheimer seinen Sohn Otto den Erlauchten mit Agnes, der Tochter des verstorbenen Pfalzgrafen und Erbin am Rhein, wodurch die Pfalz nun ohne Streit und Widerrede ein unzertrennliches Erbland der Wittelsbacher wurde.

Den feierlichen Akt dieser Trauung, die im Jahre 1225 auf der Burg zu Straubing von sich ging, sehen wir im Bild dargestellt. An den Stufen des Altars kniet das jugendliche Brautpaar vor dem greisen Erzbischof Eberhard von Salzburg, durch den die kirchliche Einsegnung vollzogen wurde. Neben den Verlobten sehen wir zur Linken Ludwig den Kelheimer mit seiner Gemahlin, der frommen Ludmilla, zur Rechten zwei Herolde mit den Insignien und dem Banner der Pfalz (dem pfälzischen Löwen) sowie mehrere Fürsten und Bischöfe anwesend.

Gleich beim Antritt seiner Regierung kam Otto, der seine Residenz von Kelheim nach Landshut verlegte, in einen Krieg mit dem übermütigen Heinrich VII., welcher noch bei Lebzeiten seines erlauchten Vaters die deutsche Königswürde erhielt. Allein Kaiser Friedrich II. zog mit einem Heer aus Italien herbei, ließ den entarteten Sohn gefangen setzen und seinen zweiten Sohn Konrad zum deutschen König wählen. Auch mit Friedrich dem Streitbaren, Herzog von Österreich und Steiermark, der die bayerischen Unterthanen am Inn beunruhigte und Klöster und Burgen zerstörte, hatte Otto einen harten Kampf zu bestehen, bis endlich der Kaiser durch Ächtung des streitsüchtigen Nachbars Ruhe schaffte. Bald aber brach ein anderer Kampf los, der Bayern in kläglichere Verwirrung stürzte, als es vielleicht der traurigste Krieg vermocht hätte.

Kaiser Friedrich II. hatte einen Kreuzzug nach Jerusalem gelobt, das wieder unter dem Drucke der Ungläubigen schmachtete. Da er mit der Erfüllung seines Versprechens zögerte, wurde er vom Papst Gregor IX. in den Bann getan und dieser in allen Gauen Deutschlands (in Bayern durch den päpstlichen Botschafter Albert von Böhmen) öffentlich verkündet. Otto, der Ausspruch des obersten Kirchenfürsten ehrend, ließ es willig geschehen. Als aber Friedrich von Italien aus ein wehmütiges Schreiben an den Herzog richtete und denselben an seine und seiner Ahnen Freundschaft und Wohltaten erinnerte, änderte der Wittelsbacher seine Gesinnung, versöhnte sich mit dem Kaiser und blieb fortan treu auf seiner Seite. Aber nun war das Unglück für Bayern vollendet. Denn Innozenz IV., der Nachfolger Gregor’s IX. auf dem päpstlichen Stuhle, erneuerte nicht nur den Bann gegen den hohenstaufischen Kaiser, sondern verhängte auch über jene Länder, dessen Fürsten dem Kaiser anhingen, das Interdikt.

So wurde auch Bayern mit dieser Kirchenstrafe belegt, und nun schwiegen die Glocken im Lande, der Gottesdienst durfte nicht mehr gehalten werden, die Kirchen wurden verschlossen, die Leichen in ungeweihte Erde begraben, und dieser Zustand dauerte fast sieben Jahre lang. Das Volk trauerte ruhig über sein Geschick, blieb aber seinem Fürsten treu, der im Jahre 1253 unvermutet zu Landshut starb. Drei Jahre früher war im fernen Sizilien der Urheber und Genosse seines Unglücks, der deutsche Kaiser Friedrich II. mit Tod abgegangen. Ungeachtet der stürmischen Zeit hatte Otto der Erlauchte zum Schutze und Wohle seiner Unterthanen viel Gutes im Lande gestiftet. Er gründete den Markt Trostberg, verschönerte Landshut, wo er das Schloß Trausnitz erbaute und umgab mehrere Städte mit festen Mauern. Sein Erblande am Rhein und in Bayern hatte er mit großem Glücke erweitert, so das in Altbayern nun auch die Grafschaften Wasserburg, Balley, Bogen, Wolfratshausen und das meiste Gebiet der ausgestorbenen Grafen von Andechs den Wittelsbachern gehörte.

Quelle: Geschichte von Bayern und der zum Königreich Bayern gehörenden Provinzen Rheinpfalz, Franken u. Schwaben in 120 Bildern mit erklärendem Texte für Schule und Haus, S. 66-67.