1312-1318. Niederbayern unter Vormundschaftlicher Regierung.

Bei dem Tode Ottos III. waren sowohl sein Sohn Heinrich XV., später der Natternberger genannt, als auch die zwei Söhne seines 1310 verstorbenen Bruders Stephan, Heinrich XIV. und Otto IV., unmündig. Herzog Stephan hatte kurz vor seinem Ende für seine beiden Prinzen den Herzog Ludwig von Oberbayern als Vormund bestellt und dieser hatte als solcher die Ottonische Handveste mitbesiegelt. Auch Herzog Otto III. wählte ihn als Vormund und trug den Bürgern Landshuts und Straubings auf, zum Vollzug dieser letztwilligen Verfügung mitzuwirken. Damit waren aber weder die herzoglichen Witwen Juta (Judith, die Witwe Stephans) und Agnes (die Witwe Otto’s), noch die Landesherren oder Adeligen Niederbayerns einverstanden und übertrugen (1. September 1313) von Passau aus die Vormundschaft an Herzog Friedrich den Schönen von Österreich als Verwandten von weiblicher Seite 39), dem in einem solchen Falle nach altem deutschen Herkommen die Pflegschaft zufallen mußte. Thatsächlich waren aber die beiden oberbayerischen Herzöge Rudolf und Ludwig im Besitze der Pflegschaft, weil sich die Städte Landshut und Straubing in ihren Schutz begeben hatten (15. Mai u. 22. Juli 1313). Darüber kam es zwischen dem Herzoge Ludwig von Oberbayern und Friedrich dem Schönen von Österreich zum Kampfe.*)

Ein österreichisches Heer, mit dem sich auch der niederbayerische Adel verband, überzog nun Oberbayern und lagerte sich endlich bei Gammelsdorf. Ludwig versammelte seine Tapfersten um sich; Alle brannten für den Kampf. Da nahm er 400 der Muthigsten und ging, Keinen in sein Vorhaben einweihend, mit denselben nach Mosburg, wo die rüstigen Bürger von Mosburg, Landshut, Straubing und Ingolstadt seiner harrten. Am 9. November 1313 rückte Ludwig mit seinem kleinen Heere bei dichtem Nebel in aller Stille bis Gammelsdorf vor. Der Feind hatte nichts wahrgenommen. Erst der Bayern Kriegsgeschrei forderte ihn heraus. Er kam mit überlegener Macht. Die Schlachthaufen entfalteten sich; Gebete stiegen zum Gott der Heerschaaren. Dann donnerte der Schlachtgesang, und der Kampf hob an. Lang dauerte derselbe; doch endlich widerstand der Feind nicht länger. Viele wurden erschlagen; Viele ertranken, und Viele wurden gefangen genommen. Das ganze Lager des Feindes wurde erobert.**)

Der Erzbischof von Salzburg, der Bischof von Regensburg und Herzog Heinrich von Kärnthen zu Salzburg (17. April 1314) hatten die Sache dahin vermittelten, daß Friedrich der Schöne und sein Bruder Leopold von Österreich die Pflegschaft der oberbayerischen Herzöge Rudolf und Ludwig anerkannten und versprachen, dieselbe in keiner Weise zu stören. Ludwig löste hierauf den vom niederbayerischen Adel geschlossenen Bund auf und führte die Vormundschaft bis 1318, wo er die Regierung den Söhnen Stephans I. übergab mit der Aufsicht über den noch unmündigen Heinrich XV., den Natternberger.*)

Dieser Sieg setzte unsren Herzog Ludwig bei den meisten übrigen Reichsfürsten in so großes Ansehen, daß ihn die Mehrzahl der Churfürsten im Oktober 1314 zu Frankfurt wider seinen Willen zum Kaiser erwählte. Einen Monat darnach wurde er nebst seiner Gemahlin von dem Erzbischofe zu Mainz in Aachen zum Kaiser gekrönt. Ludwig wurde hierauf von den Bürgern Münchens bei seinem festlichen Einzuge so herzlich empfangen, als je ein Vater von seiner Familie empfangen werden kann.**)

*) Lehrbuch der bayerischen Geschichte. Bearbeitet von Sattler. Für Gymnasien und zum Selbstunterricht. Seite 119 und 120. München, 1868. J. Lindauer’sche Buchhandlung.

**) Geschichte Bayerns für Lehranstalten bearbeitet von Georg Friedrich Heinisch. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. Seite 46 und 47. Bamberg, 1858. Verlag der Buchner’schen Buchhandlung.