Prinz Ludwig, Luitpolds ältester Sohn, übernahm die Regierung als ein in Arbeit und vaterländischer Hingebung erprobter Fürst. Am 7. Januar 1845 zu München geboren, genoß der Prinz unter der Obhut seiner trefflichen Eltern eine sorgsame Erziehung, der er die liebenswürdige Offenheit, die schlichte Geradheit seines Wesens vor allem verdankt. Es war das Bestreben seines Vaters Luitpold und seiner Mutter Augusta, einer geborenen Prinzessin von Toskana, dem Sohne eine umfassende und gediegene Bildung zu geben. Zu umfangreichen sprachlichen, geschichtlichen und mathematischen Studien gesellten sich die militärischen Wissenschaften. Aber bei alledem wurde das Hauptgewicht auf die Bildung eines tüchtigen Charakters gelegt. Beispiel und Lehre offenbarten dem Prinzen schon frühe den hohen Wert eines stets wachen Pflichtgefühls, einer strengen Selbstzucht und echter, ungekünstelter Herzensgüte.
So konnte Prinz Ludwig in reifer Männlichkeit tätigen Anteil an den bedeutsamen Ereignissen nehmen, die das Jahr 1866 brachte. Bayern war im deutschen Kriege auf Österreichs Seite getreten. In dem Gefechte bei Helmstadt erlitt Prinz Ludwig eine schwere Verwundung, die ihm in der Folge die unmittelbare Teilnahme am Kriegsdienste unmöglich machte. Mit um so größerem Eifer wandte er sich nunmehr wieder der stillen wissenschaftlichen Arbeit zu, nahm regen Anteil an Beratungen, die dem Interesse des Staates und des Volkes dienten und suchte durch praktische Arbeit auf musterhaft bewirtschafteten Gütern der bayerischen Landwirtschaft fördernde Beihilfe zu leisten. Aber auch der Industrie und der Technik, den Grundlagen unseres modernen Wirtschaftslebens, brachte Prinz Ludwig das regste Interesse entgegen. Vor allem war er bemüht, den Verkehr zu heben, Bayern durch wohlausgebaute Kanalverbindungen an den Großschiffsverkehr des Reiches anzuschließen und dem deutschen Süden einen entsprechenden Anteil an Deutschlands See Geltung zu verschaffen. Wie sein Vater, Prinzregent Luitpold, hatte Ludwig die Regierung zuerst als Vertreter des erkrankten Königs weitergeführt. Nachdem sich aber die Verhinderung des Königs Otto an der Führung der Regierungsgeschäfte längst als eine dauernde erwiesen hatte, wurde am 5. November 1913 die Regentschaft für beendet erklärt, und Prinzregent Ludwig bestieg als König Ludwig III. den bayerischen Thron.
Die ruhig abwägende Art König Ludwigs III., seine reiche Erfahrung auf allen Gebieten der Staatsverwaltung, die er durch rege Teilnahme am öffentlichen Leben, durch unverdrossene Arbeit im Dienste des Landes und durch häufige Vertretung seines hochbetagten Vaters in wichtigen Regierungsgeschäften gewonnen hat, lassen eine wirksame Förderung des wirtschaftlichen Lebens, einen erfreulichen Aufschwung Bayerns auf dem Gebiete der Landwirtschaft, des Verkehrs und der Industrie mit Sicherheit erwarten. Stark wurzelt in allen bayerischen Gauen und über alle Erwerbsgruppen hin das Vertrauen zum Regenten, der seit Jahren Freude und Sorge mit seinem Volke teilte und gerne mit am Werke war, wenn es galt Schwache zu heben und Strebsame zu fördern. Bayerns Volk weiß, daß sein König das in ernster Stunde gegebene Versprechen einlösen wird, das Erbe seines Vaters weiterzuführen in der Fürsorge um das Land und in der Treue zum großen deutschen Vaterlande.
Quelle: Bayerisches Realienbuch. Bearbeitet von Dr. Hans Reinlein, Oberlehrer in München Realienbuch Nr. 63, 171. bis 180 Gesamt-Auflage. Bielefeld und Leipzig 1915, Seite 149-150.