Während der deutsche Westen zertrümmert und geknechtet wurde, litt der deutsche Osten schwer unter den Einfällen der Türken. Die Türken hatten 1453 Konstantinopel, die Hauptstadt des oströmischen Reiches, erobert, im 16. Jahrhundert den größten Teil Ungarns besetzt und kurz nach dem Westfälischen Frieden auch Siebenbürgen erobert. Im Jahre 1683 zogen sie, aufgereizt von Ludwig XIV. und im Bunde mit den empörerischen Ungarn, mit einem Heer von 200.000 Mann von Belgrad aus donauaufwärts und belagerten Wien. Die Türkengefahr schien dem Reiche verhängnisvoll zu werden; denn schon drohte Wien, das von Rüdiger von Starhemberg heldenmutig verteidigt wurde, dem grimmigen Ansturme der Janitscharen zu erliegen.

Da nahte im Augenblick der höchsten Not das christliche Entsatzheer unter Führung des tapferen Polenkönigs Johann Sobiesky und brachte dem türkischen Großwesir Kara Mustapha eine vernichtende Niederlage bei. Die Türken wendeten sich zur Flucht und überließen den Siegern eine unermessliche Beute und Tausende von Christensklaven. Nun wendete sich das Reich mit aller Macht gegen die Türken. Ungarn wurde in den nächsten vier Jahren zurückerobert, nach dem Karl von Lothringen den glänzenden Sieg bei Mohács errungen hatte. 1688 entriss der tapfere Kurfürst Max Emanuel von Bayern den Türken das feste Belgrad, den Schlüssel der unteren Donau. Die schwerste und entscheidendste Niederlage aber erlitten sie durch Prinz Eugen bei Zenta an der unteren Theiß (1697). Prinz Eugen war ein Spross des Fürstenhauses von Savoyen.

Den Gepflogenheiten jener Zeit entsprechend, war er als jüngerer Sohn ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt; aber sein fester Wille, Soldat zu werden, besiegte jeden Widerstand. Als Zwanzigjähriger bot er dem König von Frankreich seine Dienste an, wurde jedoch mit Hohn abgewiesen. Umso freundlicher nahm Kaiser Leopold I. sein Anerbieten auf, und rasch rückte der begabte Offizier von Stufe zu Stufe empor. In den Türkenkriegen fand er Gelegenheit, seine reichen Gaben zu entfalten; Hier bildete er sich zum großen Feldherren aus und errang eine Reihe glänzender Siege. Auch den Franzosen brachte er im Spanischen Erbfolgekriege schwere Niederlagen bei. Seine Zeitgenossen rühmten sein freies, offenes Wesen, seine schlichte bürgerliche Einfachheit, seinen Willen gegen jede Verstellung, und im Volksliede lebt er als „der edle Ritter“ fort. Seine letzte Ruhestätte fand er im Stephansdome zu Wien.

Quelle: Bayerisches Realienbuch. Bearbeitet von Dr. Hans Reinlein, Oberlehrer in München Realienbuch Nr. 63, 171. bis 180. Gesamt-Auflage. Bielefeld und Leipzig 1915, Seite 82.