Nach Abschluss des Westfälischen Friedens konnte sich Deutschland nur schwer von dem Elend des furchtbaren Krieges erholen, der seine Kultur vernichtet, seinen Wohlstand gebrochen hatte. Mächtige Feinde bedrohten das erschöpfte Land und suchten dessen Schwäche zu ihrem Vorteil auszubeuten: im Osten fluteten die Scharen raubsüchtiger Türken mit wachsender Gewalt über die deutschen Grenzen; im Westen suchte Ludwig XIV., mit den Türken im Bunde, durch schnöden Raub deutsches Gebiet für Frankreich zu gewinnen.

Ludwig XIV. im Krönungsornat, Porträt von Hyacinthe Rigaud (1701; Musée du Louvre)

Dieser ruhm- und ländergierige König führte ein frevelhaft üppiges Leben. In Versailles schuf er mit ungeheuren Kosten einen Fürstensitz, der an Pracht und Glanz nicht seinesgleichen hatte. Ein Fest jagte hier im Schlosse des „Sonnenkönigs“ das andere. Er hatte sich zum unumschränkten Herrscher gemacht, und nach dem Grundsatze „der Staat bin ich“ schaltete er mit übermütiger Willkür in seinem Lande. Um sein Reich zu vergrößern, wollte er die Niederlande und das linke Rheinufer an sich reißen. Er setzte Gerichtshöfe ein, die untersuchen mussten, welche Gebiete einst zu den Landschaften gehört hatten, die ihm in den letzten Friedensschlüssen zugefallen waren. Bald fand man 600 solcher Ortschaften heraus. Ludwig ließ dort Truppen einrücken und erklärte die besetzten Orte als französisches Gebiet. Das ohnmächtige Deutschland wehrte sich nicht. Ja, es sah sogar untätig zu, als Ludwig 1681 mitten im Frieden die Reichsstadt Straßburg raubte. Als dann endlich fast ganz Europa gegen ihn rüstete, gab er den Befehl, die ganze Gegend am Oberrhein und die Pfalz zu verwüsten, damit die feindlichen Heere daselbst keinen Unterhalt fänden. Die deutschen Lande bis nach Stuttgart und Ulm herein wurden durch die Franzosen unter Mélac entsetzlich verwüstet.

Mannheim, Heidelberg, Worms, Speyer und 1.000 Dörfer wurden in Brand gesteckt, das prächtige Heidelberger Schloss wurde zerstört. Die Plünderer drangen sogar in die Kaisergruft zu Speyer ein, raubten alle Kostbarkeiten und streuten die Gebeine umher.

Quelle: Bayerisches Realienbuch. Bearbeitet von Dr. Hans Reinlein, Oberlehrer in München Realienbuch Nr. 63, 171. bis 180 Gesamt-Auflage. Bielefeld und Leipzig 1915, Seite 81.