1. Der Bauernstand.

Die Bauern waren ursprünglich freie Leute. Jeder hatte einen Hof mit mehreren Hufen Land. Den Hof erbte in der Regel der älteste Sohn, die anderen Söhne blieben als Knechte bei ihm. In deutschen Landen saßen noch im späten Mittelalter freie Bauern als wohlhabende Herren auf ihren stattlichen Gütern. Die meisten Bauern gerieten jedoch immer mehr in Abhängigkeit. Die Zinsbauern entrichteten für das erhaltene Gut eine Abgabe, z. B. den Wachszins an die Kirche. Im übrigen waren sie frei. Den Fronbauern war Land zur Bewirtschaftung übergeben, wofür sie dem Grundherrn nicht nur die Lebensmittel in die Küche lieferten, sondern auch die Dienste verrichteten, die in der herrschaftlichen Haushaltung vorfielen. Zu bestimmten Zeiten mußten die Gefälle, wie Gänse, Hühner, Schweine, Fische, Butter, Eier, Korn, Kessel und Töpfe entrichtet werden. In späterer Zeit traten an die Stelle solcher Lieferungen Abgaben in Geld, die Zins oder Steuern genannt wurden. Manche hörigen Bauern mußten am Hofe oder in Klöstern die Öfen heizen, Brot backen, Bier brauen, Holz spalten, Nachtwachen leisten und Botengänge verrichten. Zuweilen auch mußte der Bauer mit seinem Gespann für den Herrn arbeiten und ihm Holz, Mehl und Steine herbeifahren, seinen Acker bestellen, die Ernte besorgen oder bei der Herstellung von Bauten behilflich sein. Beim Tode des Mannes konnte der Herr das beste Stück Vieh (das Besthaupt) aus dessen Stalle holen. Die Aufsicht über diese unfreien Bauern führte der Meier, der auf dem Meierhofe wohnte. Gar keine Freiheit hatten die Hörigen oder Leibeigenen (Knechte und Mägde), die kein Land hatten, sondern in Küche, Stall und auf dem Felde, auch wohl als Handwerker beschäftigt wurden. Der Herr konnte sie verkaufen. Ohne seine Erlaubnis durften sie sich nicht verheiraten. Ihre Kinder waren wieder leibeigen.

2. Blütezeit.

Trotz alledem ging es dem Bauer im 12. und 13. Jahrhundert recht gut. Die Ritter lebten ihren ritterlichen Neigungen. Infolge besserer Bewirtschaftung des Bodens wurde der Ertrag gesteigert, aber der Zins war nicht gestiegen. Weinberge wurden gepflegt, und neue Gemüsesorten kamen ins Land. Auf den Märkten konnte der Bauer seine Ware teuer verkaufen. Der Bauer wurde wohlhabend. Auf seinen Festen ging es lustig zu. Er kleidet sich gut, trug sogar Waffen. Wenn ein Unfreier an einem Kreuzzug teilnahm, erlangte er die Freiheit, desgleichen, wenn er sich in der Stadt niederließ. Viele junge Leute wanderten auch über die Elbe in die Slawenländer aus und gründeten dort eine neue Heimat als freie Bauern. Die Grundherren mußten deshalb ihre Leute gut behandeln, wenn sie Arbeitskräfte genug behalten wollten.

3. Bauernelend.

Das änderte sich aber im 14. und 15. Jahrhundert. Die Auswanderungen in östliche Gebiete hörten auf. Auch die Städte hatten Pfahlbürger genug. Die Bauerngüter wurden bei Vererbung in immer kleinere Stücke geteilt. Wer seinen Grund und Boden erhielt, wurde völlig leibeigen. Die adeligen Herren gerieten selbst in Not und verlangten mehr Abgaben und Fronden. Auch die Kirche steigerte ihre Forderungen. Viele Bauern mußten Schulden machen und gerieten in die Hände von Wucherern, die sie um Hab und Gut brachten. Die Ausbeutung verstanden auch viele Ritter. Sie erhöhten die Abgaben, bis die Bauern eine so große Schuldenlast hatten, daß sie froh waren, wenn ihnen der Gutsherr den Hof abkaufte und sie als Leibeigene in seinen Dienst nahm. Damals war der Bauer ein recht armer Mann. Kaum hatte er Zeit, sein kleines Feld zu bestellen; denn er mußte zwei bis vier Tage in der Woche mit seinem Gespann für den Herren arbeiten. Veranstaltete der Gutsherr eine Jagd, so war der Bauer verpflichtet, Treiberdienste zu tun, stellenweise auch noch, das erlegte Wild meilenweit wegzufahren. Dazu kam, daß ihm seine Ernte oft von dem zahllosen Wilde fast ganz vernichtet wurde. Wehe ihm, wenn er sich’s einfallen ließ, ein Stück Wild zu fangen! Einen Hasen zu erschlagen, kostete schon 100 Taler Strafe. Die schlimmsten Feinde des Bauern waren die fremden Ritter. Wenn diese mit einem Herrn in Fehde lagen, so überfielen sie meist dessen Bauern, trieben ihnen das Vieh von der Weide und steckten ihnen Haus und Hof in Brand. So kamen die Bauern nicht aus ihrem Elend heraus.

4. Bauernkriege.

Die Not der Bauern war noch gewachsen. Die Gutsherrschaft hatte Dienste und Lasten gesteigert und dem Bauer den letzten Rest von Freiheit genommen. Schon im 15.Jahrhundert hatten sich die Bauern empört und versucht, ihr Joch zu erleichtern. Erfolg hatten sie nicht. Im Jahre 1524 kam es zu einem neuen Aufstand, der im Schwarzwald begann und sich über Franken und Thüringen fortpflanzte. Ritter, wie Florian Geyer und Götz von Berlichingen, schlossen sich den Aufständischen an. Die Bauern forderten freie Wahl der Priester, freie Jagd, Fischerei und Holzung, Abstellung des Wildschadens, Aufhebung der Leibeigenschaft, Erleichterung der Frondienste und gerechtes Gericht. Das waren gemäßigte Forderungen. Als aber Schwärmer wie Thomas Münzer in Mühlhausen an die Spitze des Aufruhrs traten, zogen die bewaffneten Haufen sengend und brennend im Lande umher. Überall, wohin sie kamen, vertrieben sie die Fürsten und richteten Gütergemeinschaft ein. Luther, der anfänglich zum Frieden geraten hatte, forderte jetzt die Fürsten auf, mit dem Schwerte dreinzuschlagen und kein Erbarmen mit den räuberischen und mörderischen Bauern zu haben. Bald zogen der Kurfürst von Sachsen, der Landgraf von Hessen u. a. Fürsten mit ihren Scharen nach Thüringen, wo Thomas Münzer mit seinem Anhange arg gehaust hatte. Bei Frankenhausen kam es (1525) zum Kampfe. Die betörten Bauern, die singend und betend den Beistand der himmlischen Heerscharen erwarteten, waren von den kriegsgeübten Söldnern der Fürsten bald besiegt. Münzer flüchtete nach Frankenhausen und hielt sich in einem Bette versteckt. Er wurde jedoch aufgefunden und nach Mühlhausen gebracht, wo er bis zum Wahnsinn gefoltert und dann mit 25 Genossen hingerichtet wurde. Die traurige Lage der Bauern wurde nicht verbessert, an manchen Orten sogar noch verschlechtert.

Quelle: Bayerisches Realienbuch, Bearbeitet von Dr. Hans Reinlein, Oberlehrer in München Realienbuch Nr. 63, 171. bis 180. Gesamtauflage, Bielefeld und Leipzig 1915, Seiten 50-51.