Das Großherzogtum Baden, das im deutschen Bundesrat drei Stimmen besitzt und im deutschen Reichstag durch 14 Abgeordnete vertreten ist, ist eine konstitutionelle Monarchie, erblich nach dem Erstgeburtsrecht und der Linearerbfolge im Mannesstamm, im Fall des Erlöschens des Mannesstammes auf männliche Nachkommen badischer Prinzessinnen übergehend. Der Landesfürst führt den Titel: Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen. Er bekennt sich mit dem großherzoglichen Haus zur evangelischen Konfession.

Die badische Verfassung wurde vom Großherzog Karl 22. August 1818 verliehen. Nach derselben steht dem Großherzog die ausübende Gewalt zu, während er die gesetzgebende mit den aus zwei Kammern zusammengesetzten Landständen teilt. Die Ständeversammlung wird mindestens alle 2 Jahre berufen.

Die Erste Kammer besteht aus den Prinzen des großherzoglichen Hauses, den Häuptern der standesherrlichen Familien, dem Erzbischof von Freiburg und dem evangelischen Prälaten, den vom Großherzog für je eine Landtagsperiode bis zur Zahl von 8 ernannten Mitgliedern, aus 8 (auf je 8 Jahre gewählten) Abgeordneten des grundherrlichen Adels, endlich aus 2 auf 4 Jahre gewählten Abgeordneten der zwei Landesuniversitäten.

Die Zweite Kammer besteht aus 63 Abgeordneten, 20 von 13 Städten und 43 der Landbezirke; dieselben werden in allgemeiner, aber indirekter Wahl auf 4 Jahre gewählt, und zwar alle 2 Jahre zur Hälfte. Der Großherzog ernennt das Präsidium der Ersten Kammer, während die Zweite Kammer das ihrige selbst wählt. Der Großherzog beruft und schließt die Ständeversammlung und kann dieselbe vertagen und auflösen; im Fall der Auflösung hat binnen 3 Monaten eine Neuwahl stattzufinden, und auch die Wahlen und Ernennungen zur Ersten Kammer sind zu erneuern.

Die Stände bewilligen die Steuern und Anleihen; ihre Zustimmung ist erforderlich zu Erlaß, Abänderung und authentischer Erläuterung der Gesetze. Das Budget ist zweijährig. Dasselbe sowie alle Finanzgesetze gehen zunächst an die Zweite Kammer. Die Erste Kammer votiert dieselben nur im ganzen; im Fall ihre Mehrheit dagegen stimmt, entscheidet das Stimmenverhältnis beider Kammern zusammen.

Zu Veränderungen und Ergänzungen der Verfassung ist eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln bei Anwesenheit von drei Vierteln der Mitglieder in jeder Kammer erforderlich. Im übrigen wird die Erste Kammer durch Anwesenheit von 10, die Zweite von 35 Mitgliedern beschlußfähig. Die Kammern haben das Recht des Gesetzesvorschlags, der Vorstellung und Beschwerde sowie der Ministeranklage. Die Abgeordneten erhalten, mit Ausnahme der Prinzen und Standesherren, Tagegelder in Höhe von 12 Mk. und Ersatz der Reisekosten. Für die Zeit, in der die Kammern nicht versammelt sind, besteht ein ständischer Ausschuß, aus dem Präsidenten der Ersten Kammer sowie 3 von der Ersten und 6 von der Zweiten Kammer gewählten Mitgliedern zusammengesetzt.

An der Spitze der Staatsverwaltung steht das Staatsministerium, bestehend aus den Vorständen der Einzelministerien, wovon einer den Titel Staatsminister führt. Der Großherzog präsidiert in allen wichtigern Angelegenheiten persönlich. Ministerien bestehen zur Zeit vier: das Ministerium des großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, das Ministerium des Innern, Ministerium der Finanzen, Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts. Außerdem ist ein fünftes stimm führendes Mitglied des Staatsministeriums ohne Portefeuille vorhanden.

Die unabhängig gestellte Oberrechnungskammer überwacht das gesamte Rechnungswesen. Das Ministerium des großherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten besorgt auch die Reichsangelegenheiten, ein schließlich der Beziehungen zur Reichspostverwaltung, und ist mit der obersten Leitung des Eisenbahnwesens betraut. Die nähere Verwaltung der Staatsbahnen (s. oben) liegt der Generaldirektion der badischen Staatsbahnen ob. Oberpostdirektionen bestehen zu Karlsruhe und Konstanz. Unter dem Ministerium des Innern steht die innere Verwaltung.

Das Großherzogtum ist für dieselbe in 53 Amtsbezirke eingeteilt, für deren jeden ein Bezirksamt besteht. Vier Landeskommissare, die zugleich Ministerialräte sind, vermitteln die einheitliche Führung der Bezirksverwaltung. In den 53 Amtsbezirken steht dem Bezirksamte der Bezirksrat zur Seite, der in Verwaltungsangelegenheiten mitwirkt und in erster Instanz Verwaltungsrechtsstreite entscheidet. In zweiter Instanz und endgültig werden die letztern vom Verwaltungsgerichtshof entschieden.

Die Amtsbezirke sind in 11 Kreisen zusammengesetzt, die lediglich für die Selbstverwaltung gebildete Körperschaften sind und in der Kreisversammlung und dem Kreisausschuß ihre Organe haben. Die praktischen Aufgaben der Kreisverwaltung sind vornehmlich das Straßen-, Kranken- und Armenwesen. Zur Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit besteht ein Gendarmeriekorps, dessen Organisation militärisch ist, und in 8 Städten eine Staatspolizei. Zum Geschäftskreis des Ministeriums des Innern gehören auch das Wasser- und Straßenbauwesen, das Landeskulturwesen, die Katastervermessung, die Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, das Gesundheitswesen, die Elementar- sowie die Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung und die Statistik. Unter ihm stehen die Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaues mit 4 Rheinbau-, 18 Wasser- und Straßenbau- und 9 Kulturinspektionen, die Landesstatistik, das Generallandesarchiv, die Generalbrandkasse, das Landesversicherungsamt und die Badeanstaltenverwaltung. Dem Ministerium der Justiz, des Kultus und Unterrichts liegt die Aussicht über die Rechtspflege, das Kirchen- und Schulwesen ob. Für die Rechtspflege bestehen das Oberlandesgericht in Karlsruhe, 8 Landgerichte (Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Mosbach, Offenburg und Waldshut, wovon Karlsruhe und Mannheim mit Kammern für Handelssachen), 60 Amtsgerichte (s. die Textbeilage bei Art. »Gericht«) und für die Geschäfte der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchwesens 157 Notariate. Verwaltung und Justiz sind seit 1857 getrennt. Die beiden Landesuniversitäten und die technische Hochschule stehen unmittelbar unter dem Ministerium; für das Mittel- und Volksschulwesen besteht eine besondere Aufsichtsbehörde, der Oberschulrat.

Die rechtliche Stellung der kirchlichen Gemeinschaften gegenüber dem Staat ist durch das Gesetz vom 9. Okt. 1860 geregelt. Dasselbe beruht auf dem Grundsatz, daß die kirchlichen Gemeinschaften in allen religiös-kirchlichen Sachen sich frei und selbständig verwalten, daß dagegen das den kirchlichen Bedürfnissen gewidmete Vermögen unter gemeinsamer Leitung der Kirche und des Staates verwaltet wird. Die Grundlage der Verfassung der evangelischen Kirche bildet die Pfarr- oder Kirchengemeinde, die durch einen gewählten Kirchengemeinderat vertreten wird. Mehrere solcher Gemeinden sind in eine Diözese vereinigt, mit regelmäßig jährlich wiederkehrenden, aus sämtlichen Geistlichen und einer gleichen Anzahl gewählter Kirchenältesten zusammengesetzten Diözesansynoden unter dem Vorsitz der Dekane. Als Repräsentant der Gesamtkirche erscheint die periodisch sich versammelnde Generalsynode, die aus dem obersten Geistlichen der evangelischen Landeskirche (Prälat), 7 vom Großherzog ernannten, 24 gewählten geistlichen und 24 desgleichen weltlichen Abgeordneten besteht und alle 5 Jahre neu gewählt und einberufen wird.

Oberste Kirchenbehörde ist der vom Großherzog ernannte, aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern bestehende Oberkirchenrat. Die Zahl der Dekanate ist 25, die der Pfarrgemeinden 362. Die Vereinigung (Union) der lutherischen und reformierten Kirche erfolgte 1821. Die katholische Kirche ist durch die für die oberrheinische Kirchenprovinz erlassenen päpstlichen Bullen von 1821 und 1827 und das landesherrliche Edikt von 1830 organisiert; Landesbischof ist der Erzbischof von Freiburg, zu dessen Diözese auch der preußische Regbez. Sigmaringen (Hohenzollern) gehört, und der zugleich Metropolit der oberrheinischen Kirchenprovinz ist; unter ihm stehen in Baden 35 Land- und 3 Stadtkapitel, mit je einem Dekan und 783 Pfarreien. Die Verwaltung des örtlichen Kirchenvermögens und der kirchlichen Distriktsstiftungen wird durch gewählte Stiftungsräte geführt; die obere Aussicht darüber sowie über die Pfründen und die Verwaltung der allgemeinen kirchlichen Landesfonds etc. besorgt der katholische Oberstiftungsrat in Karlsruhe, dessen Mitglieder je zur Hälfte von der Staatsregierung und vom Erzbischof ernannt werden. Die Israeliten haben einen für die Verwaltungsangelegenheiten vom Großherzog ernannten, unter dem Vorsitz eines landesherrlichen Kommissars stehenden Oberrat in Karlsruhe und 15 Rabbinatsbezirke, deren geistliche und weltliche (gewählte) Vertreter ebenfalls in einer Synode über die Angelegenheiten ihrer Glaubensgemeinschaft mitzubestimmen haben. Zur Ausbesserung der Gehälter der Geistlichen etc. sowie für Bau- und Unterhaltungszwecke kirchlicher Gebäude bestehen sowohl bei der evangelischen und katholischen Kirche als bei der israelitischen Religionsgemeinschaft (auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften seit 1888, bez. 1892) örtliche und allgemeine (Landes-) Kirchensteuern.

Das Finanzministerium verwaltet neben der Leitung des Finanzwesens die Domänen und Forsten und das Hochbauwesen. Untergeordnet sind hierfür die Steuerdirektion mit 35 Finanzämtern, die Zolldirektion (für Zölle und Reichssteuern) mit 11 Hauptsteuerämtern und einem Hauptzollamt, die Domänendirektion (für Domänen, Forsten und Salinen etc.) mit 25 Domänenämtern und 102 Forstämtern (98 landesherrliche und 4 städtische) sowie 2 Salinenämtern und die Baudirektion mit 14 Bauinspektionen.